Literatur Rezensionen

Katharina Bendixen: Gern, wenn du willst

Bereits die schöne Illustration auf dem Buchcover von Katharina Bendixens neuem Erzählband „Gern, wenn du willst“ stimmt einen schon auf das Hauptthema ihrer Kurzgeschichten ein: Zwischenmenschlich ist hier einiges nicht in Ordnung! In der Titelgeschichte wird ein junges Paar beschrieben, das sich nach einem Schicksalsschlag immer weiter voneinander entfernt und nicht mehr fähig ist miteinander zu kommunizieren – und wenn dann höchstens über nichtssagende Floskeln. Im gemeinsamen Sommerurlaub scheinen die unter der Oberfläche schon lange brodelnden Konflikte schließlich auszubrechen…

Die Figuren in den Erzählungen wirken oft wie aus einer anderen Welt beziehungsweise scheinen sie Dinge wahrzunehmen, die ihre Umwelt nicht zu bemerken scheint. Sie bilden sich ein, dass sie tagtäglich ein für andere Leute unsichtbares Mädchen verfolgt. Oder dass sich eine unsichtbare Wand um ihr Wohnviertel gebildet hat, die unaufhörlich näher kommt und ihre Existenz in nicht allzu langer Zeit verschlucken wird. Oder sie bereiten sich auf die Flucht vor einem Krieg vor, der gar nicht zu kommen scheint. Die sonderbaren Charaktere sind isoliert, denn wer würde ihnen solch sonderbare Dinge schon glauben? Und wenn es doch mal zu zwischenmenschlichen Kontakten kommt, laufen diese oft sehr enttäuschend ab. In der Kurzgeschichte „Hochzeitsvorbereitungen“ etwa wird die „Freundschaft“ zwischen zwei Wohnungsnachbarinnen erzählt. Freundschaft in Anführungsstrichen – weil, die eine von beiden auch immer nur dann vorbeischaut, wenn es gerade wieder schlecht mit ihrem Freund läuft und sie jemanden zum Ausheulen braucht. Die Erzählerin berichtet recht nüchtern, wie sie ihrer Nachbarin jedesmal auf’s Neue wieder ein paar Kekse zum Trost überreicht. Oder ihr bei einem Anlass zur Freude den bereits kalt gelegten Sekt offeriert, scheinbar schon daran gewöhnt, nie nach ihrem eigenen Befinden gefragt zu werden.

Katharina Bendixen schildert dies alles mit einer beeindruckenden Dichte und Präzision, die man in der aktuellen deutschen Prosa nur selten erlebt. Sie beschreibt ihre teils doch sehr verschrobenen und deutlich von der Norm abweichenden Figuren mit viel Liebe und Sorgfalt. Ihre Erzählungen hinterlassen oft einen beklemmenden Nachgeschmack, vielleicht gerade, weil sie teilweise so abrupt abbrechen und den Leser über den Ausgang der Geschichte in der Schwebe lassen. Hat eine Beziehung, in der der Mann seiner heulenden Freundin lediglich trocken mitteilt: „Nun beruhige dich endlich, die anderen schauen schon her“ noch eine Chance? Was wird aus der Frau, die ihr Haus wegen der unsichtbaren Wand nicht mehr verlassen kann? Und was aus der Protagonistin, bei der plötzlich ein Exfreund, ein Exliebhaber und ein Exmann im Wohnzimmer auf der Couch sitzen? Die Erzählungen entfalten eine große Sogwirkung und regen noch eine Weile danach zum Nachdenken an. In jedem Fall macht es viel Spaß in die sonderbare, fast magisch anmutende Erzählwelt von Katharina Bendixen abzutauchen. Die perfekte Lektüre für die Liegewiese also. Allerdings nicht seicht, sondern mit Tiefgang!

Katharina Bendixen – Gern, wenn du willst – 120 Seiten – 16,80 Euro.
Erschienen im kleinen Leipziger Independent-Verlag Poetenladen, den man allein schon aufgrund der wunderbaren und überaus kreativen Buchcover auf jeden Fall unterstützen sollte!

Und noch ein Tipp für alle Berliner: Katharina Bendixen liest am kommenden Samstag (19.05.) ab 19:30 Uhr im Literaturhaus Lettrétage in Berlin-Kreuzberg aus ihrem aktuellen Erzählband. Unbedingt vormerken!

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