Film

Rainer Werner Fassbinders BRD-Trilogie – Teil 3: Die Sehnsucht der Veronika Voss (1982)

Die BRD-Trilogie: Die Ehe der Maria Braun, Lola, Die Sehnsucht der Veronika Voss

Als letzten Teil seiner legendären BRD-Trilogie drehte Rainer Werner Fassbinder 1982 schließlich das Melodram Die Sehnsucht der Veronika Voss ab. Es sollte einer seiner letzten Filme werden, bevor er am 10. Juni 1982 inmitten der Vorbereitungen für sein gerade noch vollendetes Werk Querelle verstarb.

Die Sehnsucht der Veronika Voss: Fassbinders letztes vollendetes Werk

Die Sehnsucht der Veronika Voss ist allein schon von der Thematik wieder unglaublich düster und mutet weitaus pessimistischer als die beiden Trilogie-Vorgängerfilme Die Ehe der Maria Braun und Lola an. Der Film spielt in München, etwa Mitte der 50er Jahre. Veronika Voss (Rosel Zech), eine ehemalige, sehr erfolgreiche UFA-Filmschauspielerin trauert ihrer Karriere hinterher und verliert dabei immer mehr den Boden unter den Füßen. Gefangen in ihrer Traumwelt kann und will sie schlichtweg nicht realisieren, dass ihre großen Tage im Filmgeschäft schon längst an ihr vorübergezogen sind. Eines Abends trifft sie inmitten eines heftigen Gewitters den jungen Sportreporter Robert Krohn (Hilmar Thate), der sich von der zwar stark verwirrten, aber ohne Zweifel attraktiven und sehr elegant gekleideten Frau angezogen fühlt. Irgendetwas scheint mit ihr nicht zu stimmen, das merkt er gleich. Und tatsächlich! Nach und nach findet er heraus, dass sich Veronika Voss in Behandlung der überaus merkwürdigen Nervenärztin Dr. Marianne Katz (Annemaria Töringer) befindet. Diese scheint die alternde Filmdiva fest unter Kontrolle zu haben. Gegen ihre „Nervenleiden“ verordnet sie ihr laufend Morphium-Spritzen, von denen ihre Patientin schon längst stark abhängig ist und die sie sowohl in ihren finanziellen als auch körperlichen und seelischen Ruin treiben werden. Robert Krohn ist gewillt dem skrupellosen Handeln der Ärztin ein Ende zu bereiten, doch da hat er nicht mit Dr. Katz gerechnet, die vor keinem Mittel zurückzuschrecken scheint…

Ästhetik und formale Gestaltung von Die Sehnsucht der Veronika Voss

Ästhetisch ist Die Sehnsucht der Veronika Voss ein Genuss! Der Film badet förmlich in einem Meer aus kontrastreichen Schwarzweißbildern, an jeder Ecke wird mit Licht und Schatten gespielt. Der bekannte Filmwissenschaftler Thomas Elsaesser spricht in seiner Monographie über Rainer Werner Fassbinder gar sehr treffend von einem sog. film blanc – als Abgrenzung vom bekannten Filmgenre film noir. Weiß, so Elsaesser, hat in Die Sehnsucht der Veronika Voss eine Symbolbedeutung, gerade da es in den Szenen, die in der Arztpraxis von Dr. Katz spielen, deutlich dominiert.

Veronika Voss‘ Leben wird im wahrsten Sinne des Wortes ausgelöscht. Sie sehnt sich nach Geborgenheit, nach Anerkennung und möchte ihrer inneren Leere entkommen – und läuft paradoxerweise genau in die unglaublich saubere und strahlendweiße Arztpraxis, die ihren Tod bedeuten wird. Als Zuschauer sehen wir der Heldin bei ihrem Lauf ins Verderben zu. Wir sehen ihre erfolglosen Bemühungen wieder einen Fuß in die Tür der hartherzigen Filmbranche zu bekommen, sehen wie sie selbst bei kleinsten Rollen, die ihr als talentierte Schauspielerin doch eigentlich mit links gelingen sollten, kläglich versagt – und schließlich immer tiefer in den Sog der Drogen gezogen wird.

Robert Krohn als moralisches Gegenstück zu der skrupellosen Nervenärztin unternimmt zwar große Bemühungen Veronika Voss aus ihren Fängen zu befreien, muss sich schließlich aber auch eingestehen, dass ihm die Hände gebunden sind – und geht wieder zur Tagesordnung über, business as usual. Selten entlässt einen ein Film mit einem derartig unguten Gefühl in der Magengrube wie es Rainer Werner Fassbinders Film tut. Somit ein ästhetisch sehr gelungener, aber zutiefst deprimierender Abschluss der BRD-Trilogie. Die Hauptdarstellerin Rosel Zech wurde  auf der Berlinale 1982 übrigens mit dem Goldenen Bären auszeichnet und, ironischerweise, über Nacht zum Star. Zu Recht! Und gleichzeitig beruhigend, dass ihr ein glücklicheres Schicksal als ihrer Filmrolle Veronika Voss beschieden war.

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