Film

Nachtlärm (2012)

Livia (Alexandra Maria Lara) und Marco (Sebastian Blomberg) sind ein echtes Durchschnittspärchen. Seit kurzem stellt einer jedoch ihre Zweisamkeit auf den Prüfstand: ihr kleiner Sohn Tim, gerade mal etwa 9 Monate alt, lässt sie Nacht für Nacht nicht schlafen und raubt ihnen mit seinem endlosen Geschrei den letzten Nerv. Nur eines hilft dann noch: Kind schnappen, in den Golf steigen und mit 130km/h über die Autobahn rasen – und plötzlich tut das Baby endlich das, was es soll: schlafen!

In einer von diesen Nächten läuft jedoch alles aus dem Ruder. Nach einer Pinkelpause müssen sie hilflos mit ansehen, wie ihr vor der Raststätte geparktes Auto mitsamt Baby in die dunkle Nacht verschwindet. Ein Kleinganovenpärchen, bestehend aus dem draufgängerischen, sprücheklopfenden Macho Jorge (Georg Friedrich) und der schnodderigen Rockerin Claire (Carol Schuler), hat sich den Golf kurzerhand unter den Nagel gerissen, um damit nach Rom zu brausen. Dem geschockten Elternpaar bleibt nichts anderes übrig, als die Verfolgung aufzunehmen. Die wohl nervenaufreibendste und abenteuerlichste Nacht ihres Lebens steht ihnen bevor…

Martin Suter, der 2009 bereits mit dem Drehbuch zu dem Film Giulias Verschwinden großen Erfolg hatte, hat sich für Nachtlärm erneut mit dem schweizerischen Regisseur Christoph Schaub zusammengetan und mit ihm gemeinsam diese durchaus skurrile Roadmovie-Krimikomödie inszeniert. Es ist recht schwierig, den Film in irgendeine Genre-Schublade zu stecken. Einerseits wartet Nachtlärm mit einer kammerspielartigen Atmosphäre und intelligenten Dialogen auf, andererseits hat der Film, wenn die Figuren über dunkle, schweizerische Landstraßen brettern, auch enorm viel Drive und Spannung.

Vater, Mutter, wääh!

In ruhigen Momenten hat Nachtlärm auch viel von einem typischen Beziehungsdrama, etwa wenn Livia und Marco über den Zustand ihrer Ehe debattieren und resigniert feststellen, dass ihre Beziehung vor der Geburt ihres Sohnes nicht mehr das Gelbe vom Ei war: „Liest man doch in jeder Frauenzeitschrift, dass man eine Beziehung nicht mit einem Baby retten soll.“ „Ich lese keine Frauenzeitschriften.“ Alexandra Maria Lara und Sebastian Blomberg nimmt man ihre Rollen des gestressten und übernächtigten Elternpaares voll und ganz ab. Auch das Gangsterpärchen (Georg Friedrich und Carol Schuler), dem sie stets dicht auf den Fersen sind, ist durchweg unterhaltsam.

Das einzige, was man dem Film wirklich ankreiden könnte, ist vielleicht wirklich seine mangelhafte Glaubwürdigkeit. Würde ein Durchschnittspärchen wirklich so reagieren und dem Nachwuchs in einem gestohlenen Auto hinterherjagen? Sind manche Figuren, denen sie auf ihrer Verfolgung am Wegesrand begegnen nicht vielleicht doch etwas überzogen, so etwa ein psychopathischer Traktorfahrer, dem  Livia in dieser Nacht in einer äußerst brenzligen Situation nur in letzter Sekunde entkommen kann? Kann natürlich auch sein, dass Nachtlärm gar nicht den Anspruch auf Authentizität legt. Auch wirkt der Film stellenweise unentschieden. Gerade, weil er eben nicht erklärt, was er nun sein will: tiefgründige Beziehungsstudie, rasantes Road-Movie oder doch eine schlagfertige Gangsterkomödie?

Ohne Frage sieht man so viel Action und Spannung, gepaart mit ausgeklügelten Dialogen, jedoch eindeutig viel zu selten auf deutschen Kinoleinwänden. Gerade dem deutschen Film wird ja immer wieder seine Schwermütigkeit zum Vorwurf gemacht. Nachtlärm als aktuelle schweizerisch-deutsche Koproduktion zeigt, dass es auch mal anders geht! Denn rasant und nervenaufreibend ist er über seine gesamte Lauflänge von 90 Minuten allemal. Sowas möchte man im deutschen Kino doch mal gerne häufiger sehen!

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    3 KOMMENTARE

  • […] Koproduktion, die von der Schlaflosigkeit eines jungen Elternpaaares erzählt: Nachtlärm. Meine Rezension lest ihr wie immer im Farbfilmblog. Donnerstag läuft dann endlich der neue Woody-Allen-Film an, To Rome With Love! Wenn ich es […]

  • LesbischerFilm 28. August 2012 Reply

    Irgendwie klingt die Film-Story schon ziemlich schräg und ich bin gerade leicht hin- und hergerissen, mir den Film zu bestellen oder eben auch nicht..

  • […] kino blog: The Campaign: Will Ferrell gegen Zach Galifianakis im Duell der Dummköpfe Farbfilmblog: Nachtlärm MusikBlogTM: Charlie Simpson – Young […]

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