Literatur Rezensionen

Literatur in 300 Wörtern (5): John O’Hara – Begegnung in Samarra

John O’Haras „Begegnung in Samarra“

Ja, ich geb’s zu. Gelegentlich kaufe ich Bücher bzw. nehme sie im Buchladen allein deswegen überhaupt in die Hand, weil mich ihr Äußeres anspricht. So war es auch mit dem Buch, das ich heute vorstellen möchte. Rot ist sowieso meine absolute Lieblingsfarbe (jeder der mich privat kennt, wird diese Rot-Obsession bestätigen können) und dann war auf dem Buchcover auch noch ein tanzendes Paar abgebildet, das den 1920/30er Jahren entsprungen zu sein schien…Klappentext auch interessant. Gekauft! Heute also in meiner Literatur-Serie: John O’Haras „Begegnung in Samarra“!

Inhalt in 3 Sätzen: In der kleinen Provinzstadt Gibbsville lebt der Autohändler Julian English zusammen mit seiner Frau Caroline. Gin- und Champagner getränkte Nächte, wilde Partys und Swing in den exklusiven Clubs der Stadt, gute Geschäftsbeziehungen zu ihren Nachbarn – das junge Paar hat sich längst in der High Society etabliert. Doch Julian sträubt sich gegen die Heuchelei, in die er sich tagtäglich begeben muss, um Erfolg zu haben – eines Abends platzt ihm der Kragen und begeht eine Tat, die er noch bereuen wird…

Lieblingszitat:

„Er konnte nichts und niemanden mehr im Raum erkennen, und trotzdem taten die Leute, das Licht und die Dinge seinen Augen weh. Und der Grund dafür war, dass ihm im gleichen Moment einfiel, dass er Caroline nicht nach einem Ja oder Nein wegen ihrer Verabredung zur Pause gefragt hatte – und ihm wurde klar, dass er sie auch nicht mehr fragen musste. Er kam wieder so weit zur Besinnung, dass er zwar immer noch nicht klar sah, aber doch den Weg zur Garderobe fand, wo es genug Alkohol gab, um sich hemmungslos zu besaufen.“

John O‘ Haras Roman entführt einen in die engstirnige Welt einer unbedeutenden Provinzstadt, irgendwo in Pennsylvania. Die Hauptfigur Julian hat sich ein ansehnliches Vermögen erarbeitet, im Grunde genommen ist die Idylle perfekt! Dennoch fühlt er sich selbst als gescheiterte Person. Sein Vater hätte ihn gern als Arzt gesehen und Julian wird bewusst, wie abhängig er von seinen Geschäftspartnern ist. Allein Heuchelei hat ihm zu seinem guten sozialen Status verholfen. Seine eigene Angepasstheit widert ihn an. Die Fassade beginnt zu bröckeln… In einer Kurzschlussreaktion hat er genug von allem und kippt einem verhassten Geschäftspartner einen Drink ins Gesicht! Die Gesellschaft verzeiht ihm diesen Schritt nicht. Julian wird an der Beschränktheit der bürgerlichen Gesellschaft zugrunde gehen. John O‘ Hara schildert den Niedergang seiner Hauptfigur mit großer Intensität und gibt präzise Eindrücke einer Gesellschaft, die keinerlei Individualismus duldet. Wer einmal unter die Räder dieser Gesellschaft gelangt, dem ist nicht mehr zu helfen… Packende Sozialstudie, die vor allem durch die ausgefeilten Dialoge zu überzeugen vermag.

Dieses Buch ist interessant für Leser, die gut beobachtete Gesellschaftsromane, starke Figuren (die einfach mal auf den Tisch hauen!) und die einmalige Atmosphäre der 30er Jahre mögen.

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