Literatur Rezensionen

Hemingway und Fitzgerald – eine besondere Schriftstellerfreundschaft

Hemingway

Der Direkte: Ernest Hemingway

Es gibt kaum zwei Schriftsteller, die so oft in einem Atemzug genannt werden, wie diese: Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald. Die beiden Vertreter der sog. „Lost Generation“, die sich in den 1920er Jahren in Paris vergnügte und einen ganz eigenen Schreibstil hervorbrachte, sind längst in die Literaturgeschichte eingegangen, ebenso wie die enge Freundschaft zwischen diesen beiden großen Exzentrikern bis heute fasziniert. Das bereits vor einem Jahr erschienene Buch „Wir sind verdammt lausige Akrobaten – Eine Freundschaft in Briefenwir-sind-verdammt-lausige-abeleuchtet die Beziehung dieser zwei gegensätzlichen Schriftsteller, die sich trotz ihrer Andersartigkeit eine ganze Zeit lang als Freunde und Kollegen brauchten. Erstmals finden sich die Briefe, die sich Hemingway und Fitzgerald über Jahre hinweg schrieben, in deutscher Übersetzung versammelt in einem Band und ermöglichen Einblicke in das Leben beider Schriftsteller, ihre Sorgen und Ängste, aber auch in ihre ganz besondere Freundschaft, die einerseits von großer Begeisterung für das literarische Schaffen des jeweils anderen geprägt war, aber auch von Neid, Missgunst und dem ständigen angstvollem Gefühl, der andere würde mit seinem Werk mehr Erfolg haben und man selbst als der Schwächere von beiden von der literarischen Welt vergessen werden. So finden sich ebenso tröstende Briefe voller Herzenswärme und Mitgefühl, in denen sich beide Autoren gegenseitig Mut machen, wie Briefe, in denen mit großen Honoraren geprotzt wird, oder damit, am heutigen Tag wieder mehrere Kurzgeschichten fertig gestellt zu haben. Es zeigt sich, dass Schriftsteller die erbarmungslosesten Kritiker sind – aber vielleicht auch die ehrlichsten, die die Fähigkeit haben, ein gutes Werk zu einem grandiosen Werk zu machen. So hat sich beispielsweise Hemingway die Anmerkungen und detaillierten Verbesserungsvorschläge seines Freundes Fitzgerald sehr wohl zu Herzen genommen und einige seiner Romane (z.B. Fiesta, In einem anderen Land) auf dessen Anraten hin stellenweise erneut grundlegend gekürzt oder weitere Änderungen vorgenommen.

Fitzgerald

Der Sensible: F. Scott Fitzgerald

Briefe verraten wie kaum ein anderes Medium den Charakter des Schreibenden, dies scheint diese Briefsammlung auch zu zeigen. Da ist Hemingway, der selbstsichere, manchmal großkotzige Mann, der kaum ein Blatt vor den Mund nimmt – und sich mehrmals für seine unsensible Art bei Fitzgerald entschuldigt. Und doch steckt auch hinter diesem Benehmen letztendlich eine verletzbare Schriftstellerseele, die sich mal schüchtern, mal sehr direkt nach der Wirkung seines letzten Romans erkundigt. Vielleicht auch, weil er ahnt, dass er nur von seinem Schriftstellerfreund eine ehrliche und ungeschönte Meinung erhalten wird – während die Literaturszene ihm gerne auch mal Honig ums Maul schmiert. Auch Fitzgeralds Briefe verraten sehr viel über seine labile, teils depressive Gemütsverfassung, in denen er sich immer wieder an seinen treuen „Hem“ wendet und von ihm Trost zu erhoffen scheint. Angetrieben von der Angst, Zeit seines Lebens nicht mehr an den Erfolg seines Welterfolgs „The Great Gatsby“ heranreichen zu können, äußern sich bei ihm oft Versagensängste und Selbstzweifel – die ihn zudem, wie einige Briefe durchschimmern lassen – immer wieder zur Schnapsflasche greifen lassen. Hemingway macht ihm dann auch Mut, aber was für einen!

„Bei einem Roman gibt es nur eins: Man muss geradewegs durchstampfen, bis das verdammte Ding zu Ende ist. […] Zum Teufel. Du hast mehr Material als jeder andere, und Du kümmerst dich auch mehr darum; halt also jetzt um Gottes willen durch und bring es zu Ende, und schreib bitte nichts anderes, bis es fertig ist. Es wird gut sein, verdammt gut!“

Amen. Solche und vielerlei andere lesenswerte Weisheiten über das Leben, das Schreiben und die Kunst, sich nicht verunsichern zu lassen, finden sich also in diesem schmalen Bändchen mit Briefen zwischen zwei Schriftstellern, wie sie bis zum heutigen Tag ihres gleichen suchen. Ein spannendes Dokument einer besonderen Künstlerfreundschaft – nicht nur für eingefleischte Leser von Hemingway und Fitzgerald eine mitreißende Lektüre.

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    6 KOMMENTARE

  • J. Kienbaum 20. September 2014 Reply

    Danke. Diese Künstlerfreundschaft, -verbindung ist mir tatsächlich neu. Soll noch mal einer sagen, man könne nichts lernen, beim Stöbern in Blogs. lg_jochen

    • sommerdiebe 20. September 2014 Reply

      Danke, das freut mich, dass man durch mein Blog auch noch Neues erfahren kann 😉
      Beste Grüße

  • Sabrina 20. September 2014 Reply

    Hallo! Das Buch hört sich klasse an und steht ab jetzt ganz oben auf meiner Leseliste. Viele Grüße, Sabrina

    • sommerdiebe 20. September 2014 Reply

      Schön, das freut mich. Wünsche eine gute Lektüre 🙂

  • […] do sober what you said you’d do drunk. That will teach you to keep your mouth shut.” Seinem langjährigen engen Freund F. Scott Fitzgerald schildert er in Briefen immer wieder seinen arg verkaterten Zustand und entschuldigt sich für […]

  • […] Skizzen haben einen anekdotenhaften Charakter, wenn er etwa über seinen guten Freund, den überaus exzentrischen Hypochonder F. Scott Fitzgerald schreibt, der (nach ausgiebigem Weingenuss) sich einfach nicht davon überzeugen ließ, dass er […]

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