Literatur

Literatur in 300 Wörtern (25): Truman Capote – Yachten und dergleichen

Truman Capote - Yachten und dergleichenInhalt in 3 Sätzen: In dem kleinen Bändchen Yachten und dergleichen sind insgesamt 6 Erzählungen von Truman Capote versammelt. Ob die Charakterisierung der mondänen Gesellschaft, in der nur auf der Oberfläche der schöne Schein gewahrt bleibt, oder der Einblick in die Seelenlandschaften von Außenseitern und vom Schicksal gebeutelten Sonderlingen – Capotes Erzählungen beweisen stets ein feinfühliges Gespür für die agierenden Figuren und die Umstände, mit denen sie konfrontiert sind. Bei der vorliegenden Sammlung handelt es sich um einen sehr lesenswerten Querschnitt durch seine Erzählkunst.

Lieblingszitat: „Die Aussicht auf Regen hatte den Tag seit dem frühen Morgen verdüstert, und ein Himmel aus aufgeblähten Wolken trübte die Fünf-Uhr-Sonne; aber es war heiß, feucht wie tropischer Dunst, und Stimmen, die durch die graue Juli-Straße drangen, gedämpft und seltsam klangen, hatten einen gereizten Unterton. Vincent war, als bewegte er sich unter dem Meer. Busse, die die Stadt auf der Fifty-seventh Street durchquerten, wirkten wie grünbäuchige Fische, und Gesichter tauchten auf und schaukelten wie auf Wellen tanzende Masken. Er musterte jeden Passanten, suchte nach jemandem, und bald darauf sah er sie, ein Mädchen in einem grünen Regenmantel.“ (Aus: Der kopflose Falke)

Truman Capote – Yachten und dergleichen

Was mich immer wieder an Capote begeistert, ist seine ausgesprochen bildreiche Sprache, die den Leser sofort in das Geschehen zieht und ihn die Umgebung anschaulich nachempfinden lässt – wie etwa in der Erzählung „Der kopflose Falke“, in der ein heißer Sommertag in New York umschrieben wird. Ein Mann verfolgt eine junge Frau durch das unübersichtliche Gewimmel der Metropole – doch warum? Was hat es damit auf sich? Capote versteht es in seinen Erzählungen ebenso gut, Spannung aufzubauen. Seine Hauptfiguren stechen oft aus der Masse heraus, haben Eigenheiten, die zunächst sonderbar wirken. Doch charakterisiert Capote seine Figuren stets mit viel Liebe und Verständnis für ihre merkwürdig erscheinende Wesensart. So etwa auch in der Erzählung „Wege ins Paradies“: Dort geht eine einsame Junggesellin etwa jeden Tag auf dem Friedhof spazieren, weil sie hofft, die Liebe ihres Lebens zu finden: denn „der richtige Ort, um einen Ehemann zu finden, sind die Todesanzeigen. Weil die Todesanzeigen voller unverheirateter Männer sind.“

Dieses Buch ist für Leser, die einen Einstieg in Capotes umfangreiches Prosawerk suchen, sich für eine lebendige Schreibweise und ungewöhnliche Figuren begeistern können. Das edel gestaltete hellblaue Büchlein von Kein & Aber eignet sich zudem durch seine handliche Form sehr für die kleine Lektüre zwischendurch – Capote to go gewissermaßen!

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