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Literatur in 300 Wörtern (50): Italo Calvino – Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino

Inhalt von Italo Calvinos “Wenn ein Reisender in einer Winternacht” in 3 Sätzen:

Ein Leser möchte den neuen Roman “Wenn ein Reisender in einer Winternacht” von Italo Calvino lesen, beginnt mit der Lektüre, muss aber bereits nach wenigen Seiten feststellen, dass sein Buch leider einen technischen Mängel hat und abrupt aufhört. Im Buchladen versucht man ihm weiterzuhelfen, doch wieder erhält der Leser statt des gewünschten Buches ein Mängelexemplar. Gemeinsam mit einer ebenso enttäuschten Leserin begibt sich der Leser auf die Suche nach Italo Calvinos Roman, verwickelt sich dabei aber in ein kompliziertes Labyrinth aus noch mehr kuriosen Romananfängen, zwielichtigen Übersetzern, schnöseligen Literaturwissenschaftlern und skrupellosen Geheimagenten…

Lieblingszitat aus “Wenn ein Reisender in einer Winternacht”:

“Du schickst dich an, den neuen Roman ‘Wenn ein Reisender in einer Winternacht’ von Italo Calvino zu lesen. Entspanne dich. Sammle dich. Schieb jeden anderen Gedanken beiseite. Laß deine Umwelt im ungewissen verschwimmen. Mach lieber die Tür zu, drüben läuft immer das Fernsehen. Sag es den anderen gleich: ‘Nein, ich will nicht fernsehen!’ Heb die Stimme sonst hören sie’s nicht: ‘Ich lese! Ich will nicht gestört werden!’ Vielleicht haben sie’s nicht gehört bei all dem Krach; sag’s noch lauter, schrei: ‘Ich fang gerade an, den neuen Roman von Italo Calvino zu lesen!’ Oder sag’s auch nicht, wenn du nicht willst; hoffentlich lassen sie dich in Ruhe.”

Ein Roman über das Lesen eines Romans: Italo Calvino thematisiert die Literatur an sich, versetzt uns als Leser in die Gedanken eines Lesers – und erzeugt damit eine eigenartige Doppelbödigkeit, die es in der europäischen Literatur zuvor kaum gegeben hat. Gerade deshalb gilt der 1979 erschienene Metaroman “Wenn ein Reisender in einer Winternacht” als Paradebeispiel dafür, wie man als Autor das eigene Erschaffen einer fiktiven Welt zum Hauptthema einer literarischen Erzählung machen kann. Sein Roman entführt uns nicht nur in die Welt eines begeisterten Lesers, sondern besteht größtenteils aus insgesamt zehn Romananfängen, die die Vielfalt der Literatur deutlich machen.

Literarisches Labyrinth: Calvino führt den Leser bewusst in die Irre

Mal liest der Leser einen Romananfang im Stile eines Kriminalromans, mal vertieft er sich in eine erotische Erzählung aus Japan oder eine kafkaeske Traumwelt. Stets wird er jedoch nach wenigen Seiten enttäuscht. Jedes der Bücher, das ihm durch immer abstruser werdende Umstände in die Hände fällt, endet bereits nach wenigen Seiten. Immer manischer stürzt er sich in die Suche nach dem kompletten Roman “Wenn ein Reisender in einer Winternacht”. Zugegeben: Die Handlung wird mit jedem Kapitel verworrener und undurchsichtiger. Aber genau das ist wohl von Italo Calvino auch so beabsichtigt. Am Ende bleibt ein verschachtelter Roman voller kreativer Ideen, der zwar nachhaltig verwirrt, aber letzten Ende eines darstellt: eine große Liebeserklärung an das Schreiben, die Fiktion und das Lesen!

Wem wird “Wenn ein Reisender in einer Winternacht” gefallen?

Allen Lesern, die ein gewisses Maß an Geduld mitbringen und doppelbödige Literatur lieben, wird Italo Calvinos postmoderner Roman viel Freude bereiten. Wie der fiktive Leser wird auch der reale Leser vom Autor ständig an der Nase herumgeführt. Denn das literarische Wirrwarr aus Buchanfängen wird immer rätselhafter und unverständlicher. Ein intelligentes literarisches Spiel der besonderen Art!

Ihr seid Fans der italienischen Literatur? Hier findet ihr weitere Buchtipps aus “Bella Italia”.

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