„Gatsby, welcher Gatsby?“, fragt eine der Hauptfiguren zu Beginn des Films. Und in der Tat ist diese Frage schwer zu beantworten, da niemand so recht weiß, wer dieser Jay Gatsby, Millionär und Lebemann, eigentlich ist und vor allem, wie er zu seinem unerhörten Reichtum gekommen ist. Nick Carraway (Tobey Maguire), direkter Nachbar und Freund Gatsbys, berichtet im Folgenden die Geschichte des mysteriösen Gentlemans aus der Rückschau. Im Nu wird man als Zuschauer in einen Sog von wilden Partynächten gezogen – atemberaubende Kleider, Glitzerkonfetti, Champagner und Whiskey, der in Strömen fließt. Jedes Wochenende pilgern die Reichen und Schönen zu Gatsbys Anwesen, genießen seine Gastfreundschaft – ohne ihn wirklich zu kennen und ihm je begegnet zu sein. Dementsprechend groß ist dann auch das Repertoire an verquasten Verschwörungstheorien, die ihn abwechselnd als Nachfahre Kaiser Wilhelms oder als Mann, „der jemanden umgebracht hat“ deklarieren.
Nick wird neugierig mehr über ihn zu erfahren und tatsächlich entspinnt sich zwischen ihm und Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio) schon bald eine zarte Freundschaft, die schließlich auch zu einem Geständnis seitens Gatsbys führt. Vor 5 Jahren habe er sich in Nicks bildschöne Cousine Daisy (Carey Mulligan), Tochter einer wohlhabenden Familie aus dem amerikanischen Westen, verliebt. Er sei damals hingegen mittellos gewesen, hätte Daisy somit kein glamouröses Leben bieten können. Während er sich in Europa nach und nach Wohlstand erarbeitet habe, hätte er Daisy schließlich an den reichen Polospieler Tom Buchanan verloren. Jetzt sei er zurückgekehrt, hätte exakt gegenüber ihrem Haus ein Anwesen errichtet – mit dem festen Ziel ihr Herz zurückzugewinnen! Es dauert nicht lange und unter der Vermittlung von Nick scheint es tatsächlich zwischen Jay und Daisy zu knistern. Die beiden treffen sich und planen schon bald eine gemeinsame Zukunft – wenn da nur nicht Daisys eifersüchtiger Ehemann Tom wäre…
Baz Luhrmanns Literaturverfilmung hält sich, abgesehen von einigen wenigen Änderungen in der Erzählsituation, erstaunlich nah an die Romanvorlage von F. Scott Fitzgerald, was dem Film schon mal sehr positiv anzurechnen ist. Dies geht sogar so weit, dass ganze Dialog- und Textpassagen teilweise wortgetreu zitiert werden und so den sprachlichen Zauber des literarischen Werkes zum Vorschein treten lassen. Baz Luhrmann wäre aber auch nicht Baz Luhrmann, wenn er nicht, wie bereits bei seinen Vorgängerfilmen „William Shakespeares Romeo + Julia“ und „Moulin Rouge“, bewusst mit den Gegenpolen Alt und Modern gespielt hätte. Dies macht er hier in erster Linie mit dem Soundtrack, der unter anderem Songs von Künstlern wie Lana Del Rey, Florence and the Machine, Rihanna und Jack White enthält. Zwar ist diese Auswahl im ersten Augenblick vielleicht noch etwas gewöhnungsbedürftig, etwa wenn Frauen im Glitzer-Bikini auf der Plattform des Swimming-Pools zu „No Church In The Wild“ von Rapper Jay-Z abgehen, jedoch findet man schnell in diese Art der Musikgestaltung hinein und vergisst den Aspekt, dass die Geschichte von „Der große Gatsby“ ja eigentlich in den 1920er Jahren spielt. Und überhaupt! Passt ja auch zu dem ganzen Bling-Bling!
Im Großen und Ganzen fügt sich die Musikuntermalung teilweise erstaunlich gut in den Inhalt ein, so etwa der Song „Love is Blindness“ von Jack White, der die Verblendung der Protagonisten perfekt widerzuspiegeln scheint. Denn bei dieser Welt, die einem sowohl im Roman als auch im Film präsentiert wird, handelt es sich um eine eiskalte Sphäre, in der nur Machtstreben und Geldgier, Egoismus und die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Und Liebe? Auch die ist käuflich, wie man es am Beispiel von Daisy sieht. Jay Gatsby kann nicht sehen, dass er möglicherweise jahrelang einem Traum hinterherrennt, der sich nie erfüllen wird, ebenso wie Daisy, Tom und nicht zuletzt Nick in einen Strudel von Geltungsdrang und Habgier gerissen werden, der sie letztendlich nicht zu persönlichem Glück, sondern in die Verbitterung.
Hat man sich auf den großen Farb- und Bilderrausch des Herrn Luhrmann erstmal eingelassen, erwartet einem in jedem Fall eine sehenswerte Literaturverfilmung, die einen in ihren Bann zieht. So schwer es auch ist, aber nach 140 reizüberflutenden Minuten heißt es, Abschied von der Glitzerwelt zu nehmen, sich aus dem Kinosessel zu erheben und wieder endgültig in die ziemlich graue und gänzlich unglamouröse Alltagswelt zurückzukehren – im Vergleich zur dekadenten Welt Jay Gatsbys ist sie das natürlich…
2 KOMMENTARE
[…] Ich war ja wirklich lange gespannt, wie Baz Luhrmann den Literaturklassiker “Der große Gatsby” verfilmen würde. Gestern habe ich mir nun endlich das Ergebnis angeschaut. Meine Rezension über diesen überaus bildgewaltigen Film lest ihr jetzt im Farbfilmblog. […]
[…] in den Kinosaal Cinema Forever: Jeder hat einen Plan – Viggo Mortensen² Farbfilmblog: Der große Gatsby buecher.de: Filmtipp: Fast & Furious 6 Kino Blog: Person of Interest – der neue Krimihit aus […]