Literatur

Literatur in 300 Wörtern (24): Patrick Modiano – Villa Triste

Patrick Modiano - Villa TristeInhalt von “Villa Triste” in 3 Sätzen:

In “Villa Triste” verbringt der 18-jährige Victor Anfang der 1960er einen ganzen Sommer in einem mondänen französischen Badeort, in dem sich die Reichen und Schönen tummeln. Dort begegnet er schon bald dem kultivierten Dandy René und der mysteriösen Schauspielerin Yvonne, mit denen er das Leben zwar in vollen Zügen genießt, die ihm jedoch auf sonderbare Weise fremd bleiben. Jahre später kehrt er an den Ort des Geschehens zurück und schwelgt in wehmütigen Erinnerungen an die damalige Zeit.

Lieblingszitat aus Patrick Modianos “Villa Triste”:

„Auf die hölzerne Eingangstür, deren Weiß schon abblätterte, hatte Meinthe recht und schlecht mit schwarzer Farbe VILLA TRISTE geschrieben. Und wirklich ging von dieser Villa nichts Heiteres aus. Nein. Dennoch habe ich anfangs geglaubt, das Eigenschaftswort ‚triste‘ passe nicht zu ihr. Doch dann ist mir schließlich klar geworden, daß Meinthe damit recht hatte, wenn man nämlich in dem hellen Klang des Wortes etwas Liebliches, Kristallklares mitschwingen hört. Wenn man die Schwelle der Villa überschritten hatte, ergriff einen leichte Melancholie. Man betrat eine Zone der Ruhe und Stille. Die Luft war dünner. Man schwebte dahin.“

Nostalgie & Schwermut: “Villa Triste” von Patrick Modiano

Wie in dem von mir bereits gelesenen Roman „Die Gasse der dunklen Läden“ kreiert Modiano auch in dem vorliegenden Werk eine geheimnisvolle und teils schwermütige Stimmung, in der er seine Protagonisten agieren lässt. Ebenso wie die Hauptfigur Victor über vieles im Vagen gelassen wird – etwa über die wahre Identität seiner beiden Urlaubsbekanntschaften – so bleibt auch der Leser bis zum Schluss über zahlreiche Begebenheiten und Personen im Unklaren. Warum floh die Hauptfigur aus Paris und tauchte in der glanzvollen Provinzstadt unter? Sind René und Yvonne wirklich die, für die er sie hält? Dies kann zwar etwas unbefriedigend sein: kaum hat man den Roman zugeklappt, befällt einen das eigenartige Gefühl, vom Autor mit der erzählten Geschichte grübelnd allein gelassen zu werden. Zum anderen muss man vielleicht jedoch auch das Zugeständnis machen, dass dies gerade Modianos besonderen Erzählton ausmacht: seine Figuren erscheinen teilweise wie schwebende Gestalten, die in der Vergangenheit verhaftet bleiben und letztendlich nicht nur der Hauptfigur als schattenhafte Wesen in Erinnerung bleiben.

Wem wird “Villa Triste” gefallen?

Dieses Buch ist für Leser, die sich auf eine verträumte und sehr geheimnisvolle Erzählung einlassen können. Die zahlreichen Leerstellen können selbstverständlich durch eigene Gedanken ergänzt werden, doch lässt einen unweigerlich auch dieser Roman in einem Zustand der Verwirrung zurück. (Anderen Bloggern zufolge soll dies der typische „Modiano-Effekt“ sein, der nach der Lektüre seiner Romane eintritt) Leichtfüßig, aber ebenso melancholisch beschäftigt sich „Villa Triste“ mit Modianos Lieblingsthema: dem Schwelgen in der Vergangenheit, dem Eintauchen in ein Geflecht aus diffusen und verschwommenen Erinnerungen.

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