Literatur Rezensionen

Literatur in 300 Wörtern (35): Vendela Vida – Des Tauchers leere Kleider

Des Tauchers leere KleiderInhalt in 3 Sätzen: In “Des Tauchers leere Kleider” reist eine junge Amerikanerin nach Casablanca und wird gleich am ersten Tag im Hotel bestohlen: Reisepass, Kreditkarte, persönliche Dinge – alles weg! Zunächst versucht sie mithilfe der Hoteldirektion und der örtlichen Polizei zurück an ihre Sachen zu gelangen, doch diese scheinen kein großes Interesse an der Aufklärung des Diebstahls zu haben. Dann taucht auf der Polizeistation plötzlich ein Rucksack und ein amerikanischer Pass auf – die junge Frau klärt den Irrtum nicht auf und nimmt kurzerhand die fremde Identität an…

Lieblingszitat: “Der Polizeichef streckt dir seine Hand entgegen und du nimmst sie. Er schüttelt sie dir kräftig und bedeutungsvoll: Du verstehst, dass er damit sagen will, hier wurde eine Abmachung getroffen, und du hast deine Seite einzuhalten. Du spürst, wie sich eine Warze am Rand seines Daumens in den Rand deines  Daumens drückt. Nach einer gefühlten Minute lässt er deine Hand los.”

Vendela Vida – Des Tauchers leere Kleider

Ein bisschen Hitchcock, ein klein wenig Patricia Highsmith und vielleicht auch eine Prise Max Frisch – Das alles steckt in der von Anfang an sehr merkwürdig erscheinenden Handlung von “Des Tauchers leere Kleider“. Wovor läuft die Protagonistin davon? Und vor allem, was bewegt sie dazu, ihre alte Identität so einfach von einem auf den anderen Tag abzulegen? Der Roman ist spannend von der ersten Seite an und wird im Verlauf immer rätselhafter. Die namenlose Hauptfigur verwickelt sich immer tiefer in ein komplexes Netz aus verschiedenen Identitäten, Lügen und ihrer eigenen Vergangenheit, die sie aus guten Gründen hinter sich lassen möchte. Gesteigert wird die nervenaufreibende Stimmung noch durch die außergewöhnliche Erzählperspektive, denn der ganze Roman wird in der zweiten Person Singular berichtet. Was anfangs vielleicht noch gewöhnungsbedürftig erscheint, trägt aber auch zu einem starken Gefühl von Unmittelbarkeit beim Leser bei. Wir alle stecken mit drin in diesem Komplott und lernen schlussendlich auch als Einzige, was hinter allem steckt.

Dieses Buch ist für alle Leser, die einen spannenden und dennoch tiefgründigen Roman lesen möchten. Die Geschichte kreist letztendlich auch um eine zentrale philosophische Frage: Was macht uns zu dem, was wir sind? Unsere Charaktereigenschaften, unsere Vergangenheit und Erfahrungen oder die Menschen, mit denen wir uns umgeben? Eingebettet in eine thrillerartige Atmosphäre erzählt “Des Tauchers leere Kleider” die Geschichte eines Neuanfangs und regt gleichzeitig zum Nachdenken an.

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