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Literatur in 300 Wörtern (56): Stefanie de Velasco – Kein Teil der Welt

"Kein Teil der Welt" von Stefanie de Velasco

Inhalt von “Kein Teil der Welt” in 3 Sätzen:

Esther ist wie ihre beste Freundin Sulamith bei den Zeugen Jehovas aufgewachsen. Als Sulamith in der Pubertät das Weltbild der Sekte immer stärker hinterfragt und schließlich sogar ihren Ausstieg plant, wachsen auch in Esther mehr und mehr Zweifel sowie das Gefühl “kein Teil der Welt zu sein”. Doch dann ziehen ihre Eltern unverhofft mit ihr nach Ostdeutschland um, wo die Zeugen Jehovas als Religionsgemeinschaft noch am Anfang stehen, war die religiöse Ausübung in der ehemaligen DDR doch lange verboten bzw. reglementiert.

Lieblingszitat:

“‘Wir sind wie Öfen‘, flüsterte Sulamith, ‚wir brennen. Aber wofür?’“

Stefanie de Velascos Roman entfacht viel Spannung. Schon ab den ersten Seiten möchte man als Leser/in unbedingt erfahren, was mit den Hauptfiguren passieren wird. Zum einen ist da Esther, die eher als angepasst charakterisiert wird und sich so verhält, wie ihre Eltern es von ihr erwarten. Zum anderen ist da Sulamith, die mehr und mehr das Weltbild der Zeugen Jehovas hinterfragt. Sie ist es, die ihre beste Freundin mit ihren kritischen Gedanken “ansteckt”. Der Roman eröffnet Einblicke in das alltägliche Leben von Sektenanhängern – von den mehrwöchentlich stattfindenden Zusammenkünften bis hin zum Missionarsdienst in der Fußgängerzone. Hierbei schafft er es, nicht zu sehr schwarzzumalen. Zwar nimmt der Roman definitiv eine kritische Haltung gegenüber der Sekte an.

Dennoch werden die beschriebenen Gläubigen nicht schablonenhaft, sondern auch von ihrer menschlichen Seite gezeigt. Die Autorin selbst ist als Jugendliche aus der Sekte ausgestiegen und bringt in den Roman sicherlich auch ihre persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen ein. So zeigt sie etwa auf, dass der Glaube den charakterisierten Figuren Halt in ihrem Leben gibt. Die Zeugen Jehovas bedienen etwas, das die Gesellschaft nicht erfüllen kann. So unterstützen Esthers Eltern etwa die Mutter von Sulamith. Diese ist vor vielen Jahren von Rumänien nach Deutschland geflohen ist und leidet unter einer schweren Krankheit. Im Laufe der Romanhandlung werden außerdem noch weitere “verlorene Seelen” gezeigt, die erst durch eine Lebenskrise zu den Zeugen finden und hier das erste Mal so etwas wie Gemeinschaft und Geborgenheit erleben.

Wem wird “Kein Teil der Welt” von Stefanie de Velasco gefallen?

“Kein Teil der Welt” erzählt auf sehr nervenaufreibende und kraftvolle Weise von einem Sektenausstieg. Der Roman zeigt die Schwierigkeit auf, das Weltbild, das man seit der Kindheit in sich trägt, hinter sich zu lassen. Und wie sehr die beiden Hauptfiguren kämpfen, um sich endgültig von den lange eingetrichterten Dogmen zu befreien. Nicht zuletzt ermöglicht “Kein Teil der Welt” tiefgreifende Einblicke in eine Familie der Zeugen Jehovas und erzählt davon, wie sich die Glaubensgemeinschaft in Ostdeutschland etablierte.

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