Film

Der Staat gegen Fritz Bauer (2015)

Der Staat gegen Fritz Bauer - Rezension

Deutschland in den 1950er Jahren: in der Zeit des Wirtschaftswunders scheinen die Folgen des Zweiten Weltkriegs gut verwunden, die Menschen erfreuen sich zunehmend wieder einer besseren Lebensqualität. Doch die demokratische Ordnung ist nur scheinbar wiederhergestellt. Oberstaatsanwalt Fritz Bauer (Burghart Klaußner) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Naziverbrechen aufzuklären, wichtige Drahtzieher wie Adolf Eichmann vor Gericht zu stellen und die Deutschen an ihre eigene Vergangenheit zu erinnern. Doch so einigen Mitarbeitern in den eigenen Reihen passt das gar nicht in den Kram: Akten verschwinden, Bauers Ermittlungsarbeit wird massiv behindert. Der gesamte Verwaltungs- und Justizapparat ist durchsetzt von Alt-Nazis, denen eher daran gelegen ist, die begangenen Verbrechen zu vertuschen und unter den Tisch zu kehren. Einen Verbündeten findet Fritz Bauer hingegen bald in dem jungen Staatsanwalt Karl Angermann (Ronald Zehrfeld), mit dem ihn nicht nur ein gemeinsames politisches Ziel, sondern auch persönliche Ansichten verbinden…

Der Staat gegen Fritz Bauer: Beklemmender Polit-Thriller über ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte

In seinem Polit-Drama “Der Staat gegen Fritz Bauer” wirft Regisseur Lars Kraume einen Blick in ein oft vergessenes Kapitel der Nachkriegsgeschichte. Fritz Bauers Erfolge, den Naziverbrecher Adolf Eichmann zu verurteilen und die späteren Auschwitz-Prozesse vorzubereiten, werden bis heute viel zu selten gewürdigt. Trotz massiver Einschüchterungsmaßnahmen hat dieser nie lockergelassen und hat sich vehement gegen die Nazis in seiner eigenen Behörde durchgesetzt. Der Plot ist sehr spannend erzählt und zieht einen sofort in den Bann, was vor allem in dem sehr überzeugend agierenden Schauspielensemble begründet liegt. Burghart Klaußner stattet den ambitionierten Oberstaatsanwalt mit sehr menschlichen Eigenschaften aus. Sein trockener Humor und die Art und Weise, sich auch durch falsche Fährten nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, macht ihn zu einem Sympathieträger, dem man als Zuschauer sehr gerne bei seinen Ermittlungen zuschaut. Auch Ronald Zehrfeld spielt in diesem Film mal eine ganz andere Rolle – erfrischend! Als Verbündeter Fritz Bauers nimmt er im Film eine zentrale Rolle ein, auch weil er wie Fritz Bauer homosexuell ist und im Laufe des Filmes ebenso wie dieser mit dem § 175 zu kämpfen hat – einem Paragrafen, der jegliche homosexuelle Handlung unter Strafe stellte. Zudem verströmt “Der Staat gegen Fritz Bauer” den einmaligen Charme, aber auch die Spießigkeit der 1950er Jahre auf sehr eindrückliche Weise: ob Konsumkultur (Autos, Kleidung, Medien) oder auch konservative Weltbilder, die klassische Familienmodelle vorsehen – der Film greift diese Zeit des Umbruchs und Wiederaufbaus auf sehr bemerkenswerte Weise auf. Insgesamt handelt es sich bei “Der Staat gegen Fritz Bauer” um einen gelungenen Polit-Thriller, der zum Nachdenken anregt – nicht zuletzt deshalb, weil er eine politische Ära, in den Fokus rückt, der oft nur wenig Beachtung geschenkt wird. Nationalsozialismus – klar, dies ist eines der häufigsten Themen des deutschen Films – aber was danach kam? Dieses Kapitel wird in Lars Kraumes Film einmal aufgeschlagen – anschaulich, lebhaft und spannend. Geschichte muss nicht immer trocken sein. Vielen Dank dafür.

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