Das C/O Berlin ist in Sachen zeitgenössischer Fotografie schon längst einer der wichtigsten Orte in Berlin. Umso bedauerlicher ist es, dass die Galerie zum 8. März leider ihren bisherigen Standort im Postfuhramt direkt an der Oranienburger Straße räumen wird. Bye bye Mitte! Bis zum besagten Termin gibt es allerdings nochmal für Fotografiefreunde die Gelegenheit ein letztes Mal den einmaligen morbiden Gammel-Charme des C/O Berlin zu genießen. Im Herbst öffnet es dann wieder in Charlottenburg, zwar auch keine schlechte Lage, aber abgeblätterte Tapeten, knarzenden Parkettboden und eine alte Turnhalle wird man dort vergeblich suchen.
Zu sehen gibt es derzeit noch die Fotografien des schwedischen Künstlers Christer Strömholm, die auf sehr authentische Weise die Alltags- und Künstlerwelt widerspiegeln. Ob Transvestiten, einfache Pariser Bürger oder ungewöhnliche Liebespaare – Strömholms Bilder sind stets gut beobachtet und ästhetisch wohl überlegt. Auch wenn manche Motive sehr intim anmuten und zum Beispiel Einblicke in die Schlafzimmer der Pariser Bohème gewähren, behält Strömholm als Betrachter die nötige Distanz und respektiert die Privatsphäre der Porträtierten. Die Ausstellung zeigt in einer umfassenden Retrospektive 250 Werke des Künstlers – sehr sehenswert!
In der besagten Turnhalle werden zudem in einer zweiten Ausstellung Filmstandbilder der sog. “Paradies-Trilogie” des österreichischen Regisseurs Ulrich Seidl gezeigt. Seidls Trilogie – bestehend aus “Liebe”, “Glaube” und “Hoffnung” – wurde in letzter Zeit auf den drei wichtigsten europäischen Filmfestivals (Cannes, Venedig, Berlin) gezeigt und sorgt durch ihre Schonungslosigkeit derzeit in der Kulturwelt für viel Aufregung. So auch die Standbilder in dieser Ausstellung. Die Motive sind provokant, die gezeigten Szenen polarisieren, die in den Filmen behandelten Themen (u.a. Sextourismus und fanatischer Glauben) laden geradezu dazu ein die Frage zu diskutieren, was das Medium Film zeigen sollte und was nicht. Seidl nimmt kein Blatt vor den Mund, stellt seine Protagonisten bloß – ob einem das gefällt oder nicht: Die wichtigsten Filmszenen der Paradies-Trilogie hat man nach dem Besuch der Ausstellung jedenfalls gesehen.
C/O Berlin, Oranienburger Straße 35/36, 10117 Berlin-Mitte
Täglich: 11-20 Uhr
Eintritt: 10 / Erm. 5 Euro
4 KOMMENTARE
wirklich sehr bedauerlich, dass c/o Berlin nun endgültig in ein anderes objekt weichen muss. viele grüße, daniela
einfach nur sehr, sehr traurig;(
[…] neue C/O Berlin, dessen Standort im Alten Postfuhramt ich hier ja noch hinterhergetraut hatte, befindet sich seit 2014 im Amerika-Haus in Berlin-Charlottenburg unweit des Zoologischen Gartens. […]
[…] Straße wimmelt es nur so vor Galerien. Vor allem im KW-Berlin war ich früher sehr oft, ebenso im Alten Postfuhramt. Doch seit das C/O Berlin nach Charlottenburg umgezogen ist, bin ich nur noch selten in dieser […]