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Literatur in 300 Wörtern (51): Jean-Philippe Blondel – Ein Winter in Paris

Jean-Philippe Blondel - Ein Winter in Paris

Inhalt von Jean-Philippe Blondels “Ein Winter in Paris” in 3 Sätzen:

Matthieu, ein junger Student einer Eliteschule, springt eines Tages in den Tod. Sein Kommilitone Victor hatte gerade begonnen sich mit Matthieu anzufreunden, zu etwas mehr als ein paar Gesprächen in der Raucherpause kam es jedoch nie. Doch plötzlich steht er im Fokus seiner Mitstudenten, alle wollen auf einmal mit dem Außenseiter zu tun haben, sogar Matthieus Vater erhofft sich durch ihn seine Trauer um seinen Sohn besser verarbeiten zu können.

Mein Lieblingszitat aus “Ein Winter in Paris” von Jean-Philippe Blondel:

“Plötzlich ein Beben. […] Madame Sauge verstummte mitten im Satz. Ich hob den Kopf und starrte zur Tür, links von ihrem Pult. Ich hatte gerade noch die Zeit zu denken, dass eventuell jemand etwas tun müsste. Da durchschnitt auch schon ein Schrei die Worte, die sich in meinem Kopf bildeten.
Ein Schrei.
Kurz.
Durchdringend.
Ein dumpfer Knall.
Wir saßen alle kerzengerade da, wie Salzsäulen. Mit weit aufgerissenen Augen. Halboffenem Mund. Dann plötzlich Schweiß im Nacken. Wir begriffen sofort.”

Mobbing und Leistungsdruck, Einsamkeit und das Gefühl, nicht dazuzugehören. Jean-Philippe Blondel entführt den Leser in seinem Roman „Ein Winter in Paris“ in die unterkühlte Welt einer Eliteschule. Der Protagonist Victor ist verzweifelt auf der Suche nach Geborgenheit, stößt jedoch lediglich auf arrogante Lehrer, abweisende Studenten und ein Klima, in dem sich der Neuankömmling aus der Provinz von Beginn an ausgeschlossen fühlt. Matthieu, in dem er zum ersten Mal einen Verbündeten gefunden zu haben scheint, nimmt sich das Leben, vermutlich weil er an den eigenen und fremden Erwartungen zerbrach. So makaber es klingen mag, für Victor eröffnet sich durch den Tod eine Möglichkeit, Verbindung zu seinen Mitmenschen aufzunehmen. Da alle denken, dass er mit Matthieu befreundet war, interessiert sich seine Umwelt für ihn und versucht ihn in die Gemeinschaft zu integrieren. Vor allem Matthieus Vater bewegt sich auf ihn zu, eine eigenartige Verbindung ähnlich der einer Vater-Sohn-Beziehung entsteht. Doch wie lange schafft es Victor das Leben eines Anderen zu leben?

Wem wird “Ein Winter in Paris” gefallen?

Dieses Buch ist für Leser, die zugleich einen melancholischen und düsteren als auch einen hoffnungsvollen und einfühlsamen Roman lesen möchten. In „Ein Winter in Paris“ erzählt Blondel auf gerade mal 200 Seiten auf sehr intensive und dichte Weise von einem jungen Mann, der seinen eigenen Platz in der Welt sucht, dabei strauchelt und wieder aufsteht – und es ist nicht zu viel verraten – letztendlich seinen eigenen Weg geht. Bittersüße Lektüre für nachdenkliche Stunden auf dem Sofa.

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